Kommentar: Deregulierte Arbeitsmärkte schaffen angeblich Arbeitsplätze

Eine der am häufigsten verbreiteten politischen Mythen lautet: „Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft”, und das geht angeblich am besten mit einem streng deregulierten Arbeitsmarkt“. Arbeitnehmerrechte abschaffen, den Kündigungsschutz streichen, die Gewerkschaften auflösen – so lauten die feuchten Träume der Wirtschaftslobbyisten von einer idealen Welt. Ich nenne Ihnen zwei Gründe, warum das so nicht stimmt.

1. Die Geschichte beweist das Gegenteil

Lesen Sie zum Beispiel das Buch „Der große Krach“ von Studds Terkel. Dann sehen Sie schnell, dass ein liberaler Arbeitsmarkt nicht automatisch Arbeitsplätze erzeugt. In dem Buch gibt es eine Passage über die Minenarbeiter in Amerika zu Zeiten der großen Depression (ca. 1929). Sie schufteten hart zu Hungerlöhnen und wurden von ihren Arbeitgebern aufs übelste ausgebeutet. Rechte hatten sie keine. Daher zwangen die Arbeitgeber sie dazu in den überteuerten Firmenwohnungen zu wohnen und in den firmeneigenen Läden einzukaufen – wo die Preise ebenfalls total überzogen waren. So zogen sie ihnen das hart verdiente Geld gleich wieder aus der Tasche. Wer nicht Folge leistete, der wurde sofort entlassen. Da das Heer der Arbeitslosen in einer Depression meist riesig ist, wagte es auch damals niemand Gegenwehr zu leisten, zu groß war die Angst vor dem Verlust der Arbeit.

[aartikel]3518065238:left[/aartikel] [aartikel]3486233793:left[/aartikel]

Boomphasen und Rezessionen gab es immer wieder in der Vergangenheit, ganz egal wie liberal die Arbeitsmärkte waren. Arbeitsplätze werden durch technologischen Fortschritt und Effizienzsteigerungen der Firmen geschaffen, und nicht dadurch, dass die Angestellten entrechtet werden – Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, erstes Semester im BWL-Studium. Für uns “Eingeweihten” also keine allzu große Überraschung.

Die hartnäckige Aufrecherhaltung dieses Mythos ist nur dazu da, um die Machtverhältnisse in der Gesellschaft zu Gunsten der einen oder der andern Gruppe zu verschieben.

2. Vergleich mit den USA

Was die Wirksamkeit deregulierter Arbeitsmärkte angeht, wird gerne auf die paradiesischen Zustände in den USA verwiesen. Die Arbeitslosigkeit sei dort immer viel niedriger und die Wirtschaft so viel flexibler.

Wenn dies wirklich wahr wäre, dann wundert es mich doch sehr, wieso Deutschland während der aktuellen Finanzkrise so gut da steht, während die USA nur langsam auf die Beine kommen.

Ein anderer Aspekt ist, dass in den vereinigten Staaten ca. 1% der Bevölkerung im Gefängnis sitzt. Das sind sage und schreibe: 2,8 Millionen Bürger. Meist sind das nicht studierte Ärzte und Informatiker oder andere Hochqualifizierte, sondern sozial gescheiterte Existenzen. Wären diese Leute auf Jobsuche, dann sähe die Arbeitslosigkeitsstatistik ganz anders aus.

Noch schlimmer wäre es, wenn es nicht die riesige Armee gäbe. Das Militär in Amerika ist meiner Meinung nach das Auffangbecken für die vielen schlecht qualifizierten Menschen aus der untersten Unterschicht des Landes. Ohne diese Beschäftigungstherapie, würden die Leute in der Gosse sitzen und revoltieren. Da holt man sie lieber von der Straße und schickt sie in den Krieg, damit sie die Interessen der reichen Leute im Ausland durchsetzen.

Glauben Sie nicht alles, was Sie hören

Lassen Sie sich nichts vormachen. Denken Sie daran, wie zum Beispiel die Firma Google entstanden ist mit ihren heute ca. 53.000 Mitarbeitern. Die Gründer haben einen innovativen Suchalgorithmus erfunden und einen Markt im Internet aufgebaut, der vorher nicht existiert hat. Plötzlich entstanden Jobs in einem Bereich, den es vorher gar nicht gab. Und so funktioniert das immer. Innovationen und Erfindungen eröffnen völlig neue Märkte und schaffen dort Arbeitsplätze. Der Einfluss der Arbeitnehmerrechte ist hierbei nur ein relativ unwichtiger Faktor.